Kinder, wie die Zeit vergeht! Unsere Eltern haben uns damals erzählt, dass die Zeit immer schneller zu vergehen scheint, je älter man wird. Wird man dann selbst langsam älter, stellt man fest: sie hatten Recht! Im alltäglichen Leben merkt man das nur sehr schleichend; spannend wird es immer bei Diskussionen mit jüngeren Zeitgenossen oder bei Online-Chats in den sozialen Netzwerken.
Neulich postete jemand etwas in einer der vielen Retro-Gruppen, die sich auf Facebook und Co. großer Beliebtheit erfreuen. Es ging um das Thema Nachtleben in unserer Region. Innerhalb der lebendigen Diskussion postete ein Mitglied die Namen der zahlreiche Discotheken, die es in den Achtziger- und Neunziger Jahren bei uns in der Heimat gab. Wir konnten es kaum fassen, haben uns dann aber an die Zeiten erinnert und uns fiel auf, dass wir die meisten der Discotheken persönlich kannten: Nicht nur die – zumindest den älteren Lesern ein Begriff – bekannte Namen wie z.B. „Go! Parc“, „Studio M“, „Cammer 26“, „Herz As“,
„Project“, „Belle Epoque“ oder „Rodeo“ tauchten in der Auflistung auf, sondern auch zahlreiche Namen von Läden, die wir lange nicht mehr gehört hatten. Wer erinnert sich noch an den „Struckhof“ in Schnathorst, „Wegeners Tenne“ in Löhne, das „Colombo“ in Bierde(!) das „Cosinus“ in Stadthagen, „Old Station“ in Bückeburg, das „Big Ben“, „Heck Meck“ oder an den „Wiesenkater“ in Minden?
Die „Musikbox“ feierte letztes Jahr ihr 43-jähriges Jubiläum – wir waren bei der Eröffnung! Vor der Box gab es dort die Diskothek „Wiesenkater“. „Rapper´s Delight“ von der Sugarhill Gang in der 15-Minuten Maxiversion war gerade der heißeste Scheiß und am Sonntag traf man sich im „Wiesenkater“ auf der Tanzfläche mit Rollerskates und tanzte zu „Love Machine“ von Supermax. Jeder machte auf Disco: Christian Anders und James Last, Frank Zander – übrigens damals Stammgast im „Studio M“ – und Marianne Rosenberg, Frank Farian, Silver Convention oder ABBA, und am Ende winkte die lukrative Zweitverwertung auf einer Compilation von K-Tel. Und in den Kinderzimmern hing der „Bravo“-Starschnitt von John Travolta in Lebensgröße.
Zahlreiche Revival-Partys ehemaliger Discothekenlegenden versuchen seit Jahren, den (musikalischen) Zeitgeist jener vergangenen Ära Leben einzuhauchen, was mal mehr, mal weniger gelingt. Die Hits von damals hört man immer noch auf einschlägigen Radiosendern wie „NDR 1“ – dem Hausfrauensender – in Dauerschleife und viele der Klassiker von damals sorgen auch heute noch für volle Tanzflächen auf den zahlreichen Revival-Partys und Oldie-Nights. Jüngeren Leuten ist es aber kaum zu vermitteln, wie die (Nacht-)Welt damals getickt hat: Wenn wir – was ab und zu vorkommt – heutigen Twens manchmal in lebhaften Gesprächen erzählen, dass es mal eine Zeit gab in der man jeden Abend unterwegs war, jedes kleine Dorf zahlreiche Kneipen und Discotheken hatte; dass es in Bad Oeynhausen eine Disco gab, deren Haupttag der Sonntag(!) war und die Gäste an einem Donnerstag bis auf die Eidinghausener Straße Schlange standen, um überhaupt einen Fuß in den proppenvollen „Pflaumenbaum“ zu bekommen, ernten wir ungläubiges Staunen.
Apropos „Pflaumenbaum“: An dieser Stelle herzliche Grüße an Hartmut, den damaligen Geschäftsführer der ehemaligen Kultkneipe. Wie oft haben wir mit Hartmut im Büro gesessen – nachdem wir durch den Personaleingang reingeschleust wurden, weil vorne kein Durchkommen war, Camel geraucht, Bier getrunken und über das Leben und die Liebe philosophiert.
Kinder, wie die Zeit vergeht…
Herzlichst, wo immer Ihr seid
Elke Siedentopf & Dirk Sork