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NOSTALGIE AM MONTAGABEND

Editorial

NOSTALGIE AM MONTAGABEND

NOSTALGIE AM MONTAGABEND

Im Duden wird das Wort „Nostalgie“ wie folgt definiert: „… die, vom Unbehagen an der Gegenwart ausgelöste, von unbestimmter Sehnsucht erfüllte Gestimmtheit, die sich in der Rückwendung zu einer vergangenen, in der Vorstellung verklärten Zeit äußert, deren Mode, Kunst, Musik o.Ä. man wieder belebt.“ So weit, so gut. Ist Nostalgie damit nun nur ein „Gefühl“, dass früher alles besser war oder ist dieses Gefühl der Sehnsucht, das einen manchmal überkommt, real? Das ist sicherlich ein sehr subjektives Gefühl, das jeder für sich individuell definiert. Außerdem ist es heutzutage leider so, dass man schnell als „Ewiggestriger“ oder – noch schlimmer – als „Alter weißer Mann“ betitelt wird, wenn man von den „Guten alten Zeiten“ schwärmt.

Nun ja, sicherlich war früher nicht alles besser. Aber vieles schon. Ich persönlich genieße die überaus vielen praktischen Vorteile, die mir zum Beispiel der enorme technische Fortschritt in den letzten Jahren und Jahrzehnten gebracht hat. Wenn man noch vor dreißig Jahren behauptet hätte, es wird in nicht allzu ferner Zukunft möglich sein, mit einem Telefon, das so klein ist wie eine Schachtel Zigaretten (Moment – was war das denn nochmal…), Farbfotos in High-End-Qualität zu knipsen und diese quasi in Echtzeit auf die andere Seite der Welt zu versenden, hätte man mich als Spinner und Fantast belächelt. Und dass ich meinen Kontostand an der roten Ampel in Sekundenschnelle per App abrufen kann, hat auch was – nach zuvor erfolgter Gesichtserkennung natürlich!

Nicht verbessert – sondern ganz im Gegenteil – furchtbar hat sich das entwickelt, was wir früher „Szene“ genannt haben.

Neulich an einem Montagabend. Wir fahren am frühen Abend mit dem Fahrrad in die Innenstadt. Wetter top, Hochsommer. Der Marktplatz: leer. Wir setzen uns trotzdem in eines der vielen Lokale auf dem Marktplatz, deren bauchfreie Bedienungen kaugummikauend auf Gäste warten. Stimmung kommt nicht wirklich auf. Gut, ist ja Montag. Aber Moment: In den Achtzigern war der Montag im „Studio M“ der Haupttag! Im „Rodeo“ sogar der Sonntag! Die Stadt war voll – jeden Abend. Wir wollen etwas zu Essen bestellen. „Da müsst ihr euch beeilen, die Küche macht gleich zu.“ Es ist 21 Uhr. Ich erinnere mich an Zeiten, in denen wir nachts um zwei nach einem langen Kneipenbummel durch eine der unzähligen Lokale in der Innenstadt Hunger bekamen und bei Manuel im „Paradiso“ spontan noch eine Pizza essen gingen – und der Laden war noch voll!

Was machen die jungen Leute heutzutage? Nur noch Spieleabende, Netflix gucken und weinen, wenn ihr Pony krank ist?

Vor kurzem auf einer Neueröffnung. Alles toll geschmückt, die Gastgeber megahöflich, alles topsauber, entspannte Stimmung und lockerer Smalltalk. „Darf ich Ihnen ein Wasser bringen? Ein stilles oder lieber medium?“ Auf dem Buffet verschiedene Brotsorten – natürlich frisch und vom nachhaltigen regionalen Landbäcker, dazu diverse Brotaufstriche – selbstverständlich vegan. Früher gab es Mettbrötchen, Bier und Aschenbecher.

Oder liegt es einfach nur daran, dass ich diese Zeilen als mittlerweile „aktiver Endfünfziger, oder anders ausgedrückt als sogenannter „Best Ager“ schreibe…? 😉

Herzlichst, wo immer Ihr seid

Elke Siedentopf & Dirk Sork

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