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RAKETENTISCHE IN DER NUDELAPOTHEKE

Editorial

RAKETENTISCHE IN DER NUDELAPOTHEKE

RAKETENTISCHE IN DER NUDELAPOTHEKE

Früher war das ganz normal: Man traf sich in irgendeiner angesagten Location – davon gab es vor einigen Jahren noch genug – mit Freunden und bestellte eine Runde. Wenn man beim Stadtfest an einen der zahlreichen Bierwagen kam, war es völlig üblich, dass man als „Warm-Up“ erstmal eine Runde für Freunde, die man immer dort traf, bestellte. War ja auch kein Problem: Ein Bierchen kostete vielleicht 2,50 DM und selbst in den Anfangsjahren des Euros konnte man sich eine Runde für Freude locker leisten.

Heute sieht das anders aus. Die „RAKETENTISCHE“ sind weniger geworden. Kein Wunder. Wenn man heutzutage in der Szene unterwegs ist, muss man schon ein volles Portemonnaie haben. Eine Currywurst mit Pommes kostet im Lokal um die Ecke schon mal 14,- Euro und eine Margarita beim Lieblingsitaliener gibt es auch kaum noch unter zehn Euro. Ein paar Bierchen und einen Espresso dazu, als Degistif noch einen Ouzo hinterher und der erste Fünfziger ist weg. 

Danach geht´s ja eigentlich erst richtig los. Hier einen Gin-Tonic für amtliche 13,50 Euro; da der Eintritt in die Disco für einen stolzen Zehner; Konzertkarten gerne auch mal das zehnfache. Wenn wir früher auf der Piste waren, fühlten wir uns mit einem Hunderter reich und konnten uns damit die halbe Nacht um die Ohren schlagen. Ein paar Bierchen in der Kneipe um die Ecke, dann zum angesagten Italiener und danach in die Stammdisco – kein Problem. Und wenn das Geld dann nicht mehr für´s Taxi nach Hause gereicht hat, ging man eben zu Fuß! Heute ist Taxifahren ein schon fast unbezahlbares Unterfangen geworden – wenn man dann überhaupt einen Wagen bekommt!

Klar: Wir sind berufsbedingt ständig in der Szene unterwegs und die Gastronomen ächzen ihrerseits unter den exorbitant gestiegenen Preisen und die meisten Leute verstehen sowieso nicht, wieso der Prosecco, den sie gerne zuhause trinken und der im Supermarkt 5,- Euro kostet, im Szenelokal das vierfache kostet. Dazu fällt mir eine Diskussion mit einem befreundeten Gastronom ein, die wir vor vielen Jahren geführt haben und ich das damals auch noch nicht verstehen wollte: Ein Teebeutel kostet ein paar Pfennige – heute Cent. Wieso zahle ich dafür in der Gastronomie 3,- Euro? Es ist doch nur ein Teebeutel und etwas heißes Wasser!? Ganz einfach. Um das Wasser zu erhitzen, braucht es eine Maschine und Strom. Um den Tee an den Tisch zu bringen, braucht es eine – freundliche – Bedienung. Von dem Umsatz zahlt der Gastronom Pacht, Nebenkosten, Steuerberater, Umsatz- und Einkommensteuer sowie diverse weitere Steuern, Löhne und Gehälter, Werbung, Instandhaltungskosten und weitere unzählige Kosten. Der Fehler liegt nicht bei dem Gastronomen, sondern im System. Wenn das Rinderfilet beim Lieblingsitaliener den Inhaber im Einkauf mehr kostet als der ausgewiesene Preis auf der Speisekarte, dann freut sich zwar seine Werbeagentur, weil sie dem Gastronomen alle paar Wochen eine neue Speisekarte drucken darf, aber nicht der Gastronom und erst recht nicht der Gast!

Wo wieder bei den Raketentischen wären. Die gibt es heute auch noch. Und auch gut geführte Gastronomie mit exzellenten Speisen und Getränken. Nur eben anders als früher.

Ich kenne Leute, die für einen Samstagabend in drei oder vier Restaurants einen Tisch für mehrere Personen bestellten, sich dann am Abend entscheiden, wo sie denn hingehen möchten und in den anderen – fest gebuchten – Restaurants nicht absagen! Hier kann ich völlig verstehen, dass manche Restaurants mittlerweile dazu übergehen, vom Gast bei der Reservierung eine Kreditkartennummer zu verlangen und bei Nichterscheinen ohne rechtzeitige Absage einen Betrag von der Kreditkarte abbuchen.

Herzlichst, wo immer Ihr seid

Elke Siedentopf & Dirk Sork

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